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Gezielte Eingriffe in das Klima?

Nach dem Umweltbundesamt hat nun auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung einen Bericht zum Thema Climate-Engineering mit dem Titel „Gezielte Eingriffe in das Klima?" veröffentlicht und am 5. Oktober 2011 in Berlin der Presse vorgestellt.

Der Bericht, der von einem interdisziplinären Wissenschaftsteam erstellt wurde, beinhaltet eine umfassende Bestandsaufnahme der Debatte über Climate-Engineering. Climate-Engineering (CE) ist ein Sammelbegriff für großskalige technische Eingriffe in das Klimasystem der Erde.

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Die Autoren kommen insgesamt zu dem Schluss, dass einige CE-Konzepte zwar das Potential haben, den Treibhauseffekt abzuschwächen bzw. die globale Erwärmung zu reduzieren. Jedoch seien alle Vorschläge mit erheblichen ökologischen Risiken, ökonomischen Kosten und gesellschaftlichem Konfliktpotential verbunden. 

CE-Verfahren lassen sich grob in zwei Gruppen einordnen. Zum einen werden Verfahren diskutiert, bei denen CO2 durch technische oder biochemische Maßnahmen aus der Atmosphäre gefiltert oder bei der Energiegewinnung abgeschieden und gespeichert wird. Ein Beispiel hierfür ist das Düngen der Meere, um das Wachstum von Algen zu fördern, die wiederum durch Photosynthese große Mengen CO2 binden. Zum anderen sind Verfahren im Gespräch, mit Hilfe derer, beispielsweise durch das Ausbringen von Schwefel-Aerosolen in die Atmosphäre, die Sonneneinstrahlung und damit das Aufheizen der Erde vermindert werden.

In der Wissenschaft ist eine intensive Debatte über das Für und Wider von CE-Maßnahmen entbrannt. Für den Einsatz von CE-Maßnahmen werden im Wesentlichen drei Argumente angeführt: Erstens seien CE-Technologien effizienter als die herkömmliche Emissionskontrolle, zweitens ließen sich die Klimaziele nicht ohne sie erreichen und drittens seien sie als Notfalloption erforderlich, sollte der Klimawandel trotz Emissionsminderungen eintreten und katastrophale Folgen nach sich ziehen.

Gegen den Einsatz von CE-Maßnahmen sprechen hingegen Bedenken bezüglich deren Wirksamkeit und ökonomischer Effizienz sowie eine Reihe risikoethischer und gerechtigkeitstheoretischer Argumente. Da beispielsweise CE-Maßnahmen nur von einem einzigen Staat durchgeführt werden können, könnten sie internationale Konflikte hervorrufen. Zudem existieren bisher keine Studien, die die gesamtwirtschaftlichen Kosten von CE-Maßnahmen berechnen. Darüber hinaus wird die Möglichkeit zur Erforschung aller Nebenwirkungen generell in Frage gestellt: „Selbst wenn ein Teil dieser Unsicherheiten über die Wirksamkeit und Nebenwirkungen durch weitere Erforschung des Erdsystems reduziert oder gar beseitigt werden kann, macht die Komplexität des Erdsystems Aussagen über die Wirkung und Nebenwirkungen von CE-Maßnahmen, gerade auf regionaler Ebene, schwierig. Auch zukünftige Forschungsanstrengungen im Rahmen von Modellrechnungen und Feldversuchen werden daher kein risikofreies Climate Engineering ermöglichen."

Um die Debatte zu Climate Engineering transparent zu gestalten, hat das Kieler Earth Institute die Internetseite http://www.climate-engineering.eu/ eingerichtet. Dort finden Sie aktuelle Medienberichte und Studien zum Thema. 

Rickels, W./ Klepper, G./ Dovern, J./ Betz, G./ Brachatzek, N./ Cacean, S./ Güssow, K./ Heintzenberg J./ Hiller, S./ Hoose, C./ Leisner, T./ Oschlies, A./ Platt, U./ Proelß, A./ Renn, O./ Schäfer, S./ Zürn M. (2011): Gezielte Eingriffe in das Klima? Eine Bestandsaufnahme der Debatte zu Climate Engineering. Sondierungsstudie für das Bundesministerium für Bildung und Forschung.